„Kolloquium Deutsche Sprachwissenschaft“
2019 m. spalio 3 d.
2.10.2019
Im Rahmen des Kolloquiums "Deutsche Sprachwissenschaft" hält Dr. Thomas Küpper von der Universität Duisburg-Essen am Dienstag, den 8. Oktober um 17 Uhr im Studienraum Germanistik einen Vortrag zum Thema „Kitsch: Zur Funktion eines Schlagworts“.
Das Seminar wird von der „Gesellschaft für deutsche Sprache“ und vom Lehrstuhl für Deutsche Philologie der Universität Vilnius veranstaltet.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen!
„Kitsch“: Zur Funktion eines Schlagwortes
Noch um 1960 war die Unterscheidung von Kitsch und Kunst strukturbildend für ästhetische Debatten. Nicht nur im Bereich feuilletonistischer Kritik, sondern auch in der Wissenschaft wurde der Ausdruck ›Kitsch‹ dazu verwendet, Gegenständen künstlerischen Wert abzuerkennen. Ludwig Giesz richtete in seiner 1960 erschienenen »Phänomenologie des Kitsches« den Blick auf die Besonderheiten kitschigen Erlebens, und Walther Killy fragte in seinem 1961 veröffentlichten »Versuch über den literarischen Kitsch« nach den Merkmalen kitschiger Werke.
Obwohl beide Arbeiten viel zitiert worden sind, konnte sich das Wort ›Kitsch‹ nicht als Begriff in der Wissenschaft etablieren. Wie kam es zu diesem Scheitern? Die Erfolgschancen dürften vor allem dadurch beeinträchtigt worden sein, dass die abwertende Funktion des Ausdrucks ›Kitsch‹ schon bald größere wissenschaftliche Aufmerksamkeit erhielt – so entstand auf einer Metaebene eine Kritik der Kritik. Bereits Jacob Reisner hatte 1955 den Ausdruck ›Kitsch‹ als »Schlagwort« bezeichnet, und zwar »im ursprünglichen Verstand von Schlag-Wort«, als »ein schlagendes (niederschlagendes, erschlagendes) Wort«. Reisner hatte erklärt: „Wer damit auf irgendein Gebilde losschlägt, will es zumeist aus dem Bereich der Kunst […] hinausschlagen.« Diese Exklusionsfunktion des Wortes ›Kitsch‹ ist dann kultursoziologisch näher untersucht worden. Aus dieser Perspektivierung der Forschung ergab sich als Konsequenz, dass der Gebrauch des Wortes ›Kitsch‹ in der Wissenschaft problematisch wurde. Beispielsweise schlug Helmut Kreuzer 1967 vor, dieses Wort nicht mehr als »analytische[s] Instrument« und auch nicht länger als »poetologischen Terminus der Werkanalyse« zu verwenden.
Die Frage ist nun: Gibt es noch immer so etwas wie ›Kitsch-Forschung‹ und auf welchem Fundament steht diese? Muss beziehungsweise kann sie auf jenen Begriff verzichten? Solche Schwierigkeiten der ›Kitsch-Forschung‹ möchte der Referent in seinem Vortrag aufzeigen und zur Diskussion stellen.